Warum die US-Wahlen auch für uns wichtig sind
Bald ist es so weit: Am 5. November bestimmt Amerika, wer nächstes Jahr ins Weisse Haus einzieht. Auch wenn das weit weg erscheint, wird die Entscheidung darüber, wer die erste Präsidentin oder der nächste Präsident der USA wird, auf der ganzen Welt Spuren hinterlassen – auch hier in der Ostschweiz. Unser Research Analyst und US-Kenner Martin Lüscher hat einen Blick auf die Bedeutung der US-Wahlen für die Wirtschaft, die Finanzmärkte und die Geopolitik geworfen.
Am 7. November 2020 stand die Welt Kopf. Zumindest in New York. Menschen tanzten auf der Strasse, tranken Champagner und schwenkten die US-Flagge. Freudentaumel bis weit in die Nacht. Der Grund war Joe Biden. Er wurde kurz zuvor zum nächsten Präsidenten von Amerika ausgerufen. Martin Lüscher war damals als US-Korrespondent der «Finanz und Wirtschaft» in New York live dabei. Und weiss damit nicht nur aus eigener Erfahrung, was eine Präsidentschaft von Donald Trump bedeutet, sondern hat auch die US-Wahlen vor vier Jahren hautnah miterlebt. Heute ist er Teil des Research & Advisory Teams von acrevis und hat den aktuellen Wahlkampf genau analysiert.
Amerika ist überall
An den USA führt kein Weg vorbei. Hiesige Unternehmen wissen das nur zu gut, ist Amerika doch der grösste Exportmarkt der Schweiz. Jeden dritten Franken erwirtschaften Schweizer Unternehmen im Mittel in den USA. Bei den Pharmagiganten Roche und Novartis sind es sogar vier von zehn. Nicht ganz so wichtig ist Amerika für die Ostschweizer Vertreter VAT und SFS. Doch auch sie setzen jeden fünften Franken in den USA um. Das bestätigt den direkten Einfluss der amerikanischen Wirtschaftspolitik auf die heimische Konjunktur.
Zudem ist die US-Wirtschaft nicht nur ein Koloss, sondern auch stark vernetzt mit dem Rest der Welt. Das verdeutlichen die Finanzmärkte. Amerikanische Aktien machen zwei Drittel des weltweiten Börsenkapitals aus. Entsprechend sind die US-Börsen für die anderen Kapitalmärkte nicht nur wegweisend, sondern auch präsent in den Portfolios von internationalen Investoren. Ausserdem ist der US-Dollar die wichtigste Währung weltweit, und die Entscheidungen der US-Zentralbank wirken sich auf die globalen Finanzmärkte aus.
Was steht bei der Wahl auf dem Spiel?
Bei der Präsidentschaftswahl treten zwei bekannte Gesichter gegeneinander an: Die amtierende Vizepräsidentin und Demokratin Kamala Harris und der Republikaner Donald Trump. Die Kandidierenden haben äusserst unterschiedliche wirtschaftliche Programme im Kopf. Harris möchte dem Mittelstand unter die Arme greifen und die Wirtschaft durch grosse Investitionen in erneuerbare Energien und Infrastruktur unterstützen. Trump hingegen möchte die Einwanderung strenger regeln und Zölle auf Importe erhöhen, was den Handel mit anderen Ländern erschweren würde.
Welche Folgen hat die Wahl für die Wirtschaft?
«Die Wahl könnte grosse Auswirkungen auf die globale und die Schweizer Wirtschaft haben», sagt Martin Lüscher. Wenn Kamala Harris gewinnt, ist zu erwarten, dass die USA weiter in moderne Technologien und nachhaltige Energien investieren. Die positiven Effekte der Investitionsprogramme sind in der Wirtschaft spürbar und bieten auch für Schweizer Unternehmen Chancen.
Sollte Trump wieder Präsident werden, dürften seine Pläne für höhere Zölle – nicht nur spezifisch auf einzelnen Branchen erhoben, sondern generell auf alle Güter – dagegen die Wirtschaft belasten und zu einer steigenden Inflation führen. Auch die angekündigte strengere Einwanderungspolitik beziehungsweise die von Trump vorgesehene Ausschaffung von Millionen von Arbeitskräften würde diese Folgen verstärken. Das würde besonders Unternehmen treffen, die stark vom Handel mit den USA abhängen.
Was passiert an den Börsen?
An den Finanzmärkten führt die Wahl bereits jetzt zu Nervosität. In Wahljahren ist die Schwankung an den Aktienmärkten oft besonders hoch. Viele Anlegerinnen und Anleger sind unsicher, wie sich das Ergebnis auf die Wirtschaft auswirken wird. Eine knappe Wahl könnte die Unsicherheit weiter verstärken, besonders wenn Donald Trump eine allfällige Niederlage nicht akzeptiert. Unsicherheit ist aber auch in der globalen Politik spürbar. Während die Demokratin Harris auf internationale Zusammenarbeit setzt, propagiert der Republikaner Trump «America First». Inwieweit die USA dabei weiter als Schutzmacht Europas auftreten würde, ist fraglich. Besonders da Trump aus seinem Faible für die Autokraten der Welt keinen Hehl macht sowie rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien mit Füssen tritt.
Fazit: Diese Wahl geht uns alle an
Die US-Präsidentschaftswahl ist also nicht nur für Amerikanerinnen und Amerikaner wichtig. Die Entscheidung, die dort getroffen wird, hat Auswirkungen auf die ganze Welt – auch auf die Schweiz. Ob es um Handel, Investitionen oder die Sicherheitspolitik geht, die Wahl am 5. November könnte viele Veränderungen bringen.