Nachhaltig bauen – eine Investition in die Zukunft

Nachhaltiges Bauen gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Was sind die Vorteile daraus und worauf sollten Bauherrinnen und Bauherren achten? Christoph Schlegel, CEO von Schlegel Engineering, begleitet Unternehmen und Privatpersonen bei nachhaltigen Bauvorhaben und gibt Antworten darauf.

Herr Schlegel, Sie sind ein Experte im Bereich «nachhaltiges Bauen». Warum wird das Thema immer wichtiger?

Ich bin zwar im Bereich des nachhaltigen Engineerings tätig, würde mich aber nie als Experten bezeichnen, da das Feld hoch komplex ist und meine Wurzeln im Maschinenbau liegen. Meine Erfahrung, nicht zuletzt aus der Automobilindustrie, hat mir jedoch eine hohe Planungsgenauigkeit und ein starkes logisches Denken vermittelt, was ich auf andere Fachgebiete transferiere.

«Nachhaltigkeit» ist zu einem Modewort in vielen Bereichen geworden, wobei deren Bedeutung nicht klar definiert ist. Ein aus meiner Sicht wichtiger Aspekt ist die Lebensdauer von Produkten und Komponenten, welches Kriterium insbesondere im Kontext mit Software oft vernachlässigt wird. Dies führt langfristig für die Eigentümer zu finanziellen und für die Umwelt zu ökologischen Nachteilen.

 

Was sind aktuell die Trends in diesem Bereich?

PV-Anlagen auf Dächern sind aufgrund der Stromknappheit hoch im Trend. Dabei sind verschiedene Installationsoptionen gegeben, von denen jede ihre spezifischen technischen, finanziellen, aber auch denkmalpflegerischen Herausforderungen ausweist.

Der aktuelle Trend zu einer stärkeren Isolation und damit verbundenen Energieeffizienz in Gebäuden birgt das Risiko von unerwünschten Nebeneffekten wie zum Beispiel Feuchtigkeit durch mangelnde Belüftung und damit einhergehende Schimmelbildung. Ein Thema, das man bis anhin in diesem Ausmass nicht kannte und welchem man mit technischen Lösungen versucht Abhilfe zu schaffen. Darum sind die Anforderungen an die Materialauswahl und Bauausführung um ein Vielfaches gestiegen. Dies erhöht die Komplexität und folglich die Kosten für den Bauherrn, wobei der Fachkräftemangel die Situation keineswegs verbessert – im Gegenteil.

Christoph Schlegel Dipl. Masch. Ing. HTL

Wie informieren sich angehende Bauherren am besten?

Angehende Bauherren sollten sich vielseitig informieren und dabei immer kritisch bleiben. Eine wichtige Rolle spielt dabei die eigene Bank als vertrauter Partner, der ein ernsthaftes Interesse an einer langfristig sicheren Finanzierung hat und Erfahrung beisteuern sowie Kontakte vermitteln kann.

Das Internet bietet zwar viele Informationen, doch ist es essenziell, die Quellen kritisch zu überprüfen, wobei den direkten Herstellerangaben grundsätzlich vertraut werden kann, jedoch bei reinen Handwerkerinformationen oder Shops Vorsicht geboten ist. Offerten und Angebote sollten auf ihre Details hin genau betrachtet und verstanden werden; bei Unklarheiten ist Hilfe Dritter zu holen und bei undefinierbaren Pauschalangeboten ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Foren und Fachbroschüren können zusätzliche, wertvolle Informationen liefern, doch auch hier gilt es den Autor kritisch zu hinterfragen und die Aussagen bezüglich Plausibilität zu prüfen: «Kann ich mir das so vorstellen und nachvollziehen?»

 

Welche Kriterien müssen gegeben sein, damit wir von nachhaltigem Bauen sprechen können?

Hier ist wiederum die Frage – was wir unter «nachhaltig» verstehen – im Zentrum.

Mit Sicherheit sind dazu die eigenen Wünsche und Vorstellungen mit dem vorhandenen Budget abzugleichen. Hier muss ich klar festhalten, dass gewisse Sachverhalte im Nachhinein kaum oder gar nicht mehr korrigiert werden können oder wenn doch, nur unter kaum wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Dazu ein Beispiel: Werden Elektrorohre in eine Schalung einer Betondecke eingelegt ist es für die eigentliche Einlegearbeit kaum von Bedeutung, ob man ein oder zwei Rohre parallel verlegt oder ob man diese ein oder zwei Nummern grösser wählt. Finanziell macht dies in diesem Baustadium nur einen marginalen Unterschied bis auf die reinen Materialkosten. Fehlt die entsprechende Kapazität, ist im Nachhinein eine Korrektur praktisch nicht mehr möglich!

Zudem ist bei jeder Bauausführung immer auch an den Service und Unterhalt zu denken. Eine saubere Planung ist hier wichtig. Auf dem Papier lassen sich Änderungen einfach ausführen, was jedoch während der Umsetzung dann meist kostspielig wird. Mehr Zeit in die Planung zu investieren, wird sich später mit Sicherheit auszahlen. Wobei auch hier gilt, dass nicht die kostengünstigste Ausführungsvariante für die Zukunft die Beste sein muss.

 

Warum ist es empfehlenswert, bei einem Bauvorhaben einen Nachhaltigkeits-Experten einzubeziehen?

Nicht alle Beteiligten verfügen über das nötige Fachwissen für eine umfassende, nachhaltige Planung und Umsetzung. Handwerker und Installateure sollten grundsätzlich auf die praktische Ausführung in ihrem Spezialgebiet fokussiert sein und können daher meist nicht bereichsübergreifend agieren.

Eine Fachperson kann eine ganzheitliche Sichtweise auf das Projekt besser gewährleisten, um die Aspekte der verschiedenen Fachgebiete zu vereinen. Das kann mithelfen, dass das Bauvorhaben langfristig effizient und wirtschaftlich ist. Sie hilft, die besten Technologien und Materialien auszuwählen und dabei die Lebenszykluskosten zu minimieren.

Zudem ist es enorm wichtig, dass alle relevanten Fachgebiete im Planungs- und Bauprozess vertreten sind. Dazu gehören zusätzlich auch ein Finanzierungsexperte, ein Baujurist für gesetzliche Anforderungen, der Bauherr selbst für persönliche Präferenzen, ein Bauphysiker für die bauphysikalischen Aspekte, ein Architekt oder Projektleiter für das Engineering sowie Fachspezialisten für spezifische Fragen. Auch Vertreter der entsprechenden Hersteller können eine wertvolle Unterstützung sein. So kann eine fundierte, nachhaltige und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Lösung erarbeitet werden.

Was kostet nachhaltiges Bauen? Können Sie einen groben Richtwert nennen?

Die Kosten für nachhaltiges Bauen variieren stark und hängen von vielen Faktoren ab, wie dem Umfang der Massnahmen, dem Zustand des Bestands (bei Sanierungen), dem gewählten Technologieniveau und der Grösse des Projekts. Ein genauer Richtwert ist daher ohne detaillierte Projektinformationen schwer oder kaum zu benennen. Jedoch zeigen Beispiele, wie die Installation einer PV-Anlage, dass neben den direkten Kosten auch indirekte finanzielle Folgen bedacht werden müssen, wie steuerliche Auswirkungen, Versicherungsprämien für das Gebäude oder der Reinvestitionen gewisser Komponenten, welche eine kürzere Lebenserwartung aufweisen, etc.

Bei Neubauten können nachhaltige Technologien oft kostengünstiger integriert oder vorbereitet werden als bei Altbauten. Die Entscheidung, ob man die Planung und Ausführung einem Generalunternehmer überlässt oder Teile des Projekts selbst übernimmt, hat ebenfalls grossen Einfluss auf die Kosten, als auch rechtlicher Natur, die unbedingt bedacht werden müssen.

 

Und warum lohnt es sich trotzdem, nachhaltig zu bauen?

In rein energetischer Hinsicht werden wir vom Gesetzgeber mehr oder weniger zu entsprechenden Vorgehensweisen und Massnahmen genötigt. Und dies oftmals ohne Rücksicht auf die finanziellen Konsequenzen für die Eigentümer – wir haben diesbezüglich kaum eine Wahl.

Ich komme auf das im Einstieg benannte Defizit der Begriffsbedeutung der «Nachhaltigkeit» zurück, welches nicht als definiert betrachtet werden muss. Im Kontext des Eigennutzes des Bauherrn jedoch stellt eine für die Zukunft offene und vorbereitete Ausführung immer auch in finanzieller Hinsicht ein Vorteil dar, welcher zu Beginn meist gar nicht als solcher erkannt wird. Zudem können nachfolgende Bauemissionen meist viel kleiner gehalten werden, z.B. wenn eine Wand nicht erneut aufgeschlitzt werden muss, da das Leerrohr bereits verbaut ist.

Finanzinstitute und insbesondere acrevis, die nachhaltige Bauvorhaben fördern, nehmen ihre Verantwortung wahr und spielen eine Schlüsselrolle, indem sie Anreize für verantwortungsvolles, durchdachtes Bauen schaffen.

Kurzum: «Nachhaltiges Bauen» ist eine Investition in die Zukunft.