Zwischen Bitcoin und Sparheft: Anlegen, aber richtig
Das Zinsniveau ist aktuell historisch tief. Als Folge bringt traditionelles Sparen kaum mehr Rendite. Und auch ein stattliches Kontoguthaben wirft selbst nach jahrelangem Sparen nur ein paar Franken Zinsgewinn ab. Wegen der Vermögenssteuern kann das Vermögen sogar abnehmen. Profitabler sind hier Anlagelösungen oder ein Vermögensverwaltungsmandat.
Sandro Schibli, Bereichsleiter Private Banking, erklärt im Interview, worauf man beim Anlegen achten muss.
Sandro Schibli, wie viele Bitcoins besitzen Sie?
Wie viele andere Entwicklungen im Finanzbereich verfolge ich das Thema Bitcoin bzw. Kryptowährungen sehr aufmerksam. Bitcoins besitze ich aber keine – und dies aus Überzeugung: Bei Anlagen ist mir wichtig, dass sie möglichst mit direkten, fassbaren Werten in Verbindung gebracht werden können, beispielsweise einer Fabrik, Maschinen oder Technik. Die Managementqualität ist ebenfalls ein wichtiger Erfolgsfaktor einer Unternehmung und schlussendlich eines Anlageinstrumentes. Unter dem Strich kann ich viele dieser Elemente nicht in einen für mich fassbaren Bezug zu den noch wenig regulierten Bitcoins bzw. Kryptowährungen setzen.
Am anderen Ende der «Innovationsskala» steht das klassische Sparkonto. Obwohl es kaum mehr Zinsen abwirft, halten viele Bankkunden nach wie vor daran fest. Wieso?
Ein Stück weit gehört es in der Schweiz für viele einfach dazu, ein Sparkonto zu besitzen. Zudem gibt es Anlegerinnen und Anleger, die bewusst Geld auf einem Sparkonto parkieren, um so zum Beispiel mittelfristig benötigte Liquidität für Anschaffungen etc. zur Verfügung zu haben. Anderen fehlt das Know-how, wenn es ums Anlegen geht: Wie funktioniert das, ist das etwas für mich? Hier können wir als Expertenbank mit einer fundierten, persönlichen Beratung Unsicherheiten abbauen, Wissen vermitteln und individuelle Lösungen aufzeigen.
Als Alternative gibt es die Vermögensverwaltung durch eine Bank. Was ist der Vorteil dieser Lösung?
Nicht jede oder jeder will und kann sich permanent mit Finanz- und Anlagefragen befassen, weil das nötige Wissen oder die Zeit fehlt. Mit einem Vermögensverwaltungsmandat legt man die Vermögensbildung in die professionellen Hände erfahrener Expertinnen und Experten. Als Basis dazu dient das persönliche Anlageprofil der Anlegerin oder des Anlegers. Gestützt auf unsere eigenen Research- und Anlagekompetenzen verwalten wir das Kundinnen- und Kundenvermögen, agieren am Puls der Zeit und der Märkte und schalten mit einer konsequent verfolgten Strategie auch Fehler des emotionalen Handelns aus.
Eignet sich eine Vermögensverwaltung nur für Gutbetuchte?
Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig, stimmt aber ganz klar nicht: Bei acrevis beispielsweise ist eine Vermögensverwaltung mit einer individuellen Anlagestrategie bereits ab 20’000 Franken möglich.
Nebst der Vermögensverwaltung bieten Banken nachhaltige Anlagelösungen an. Was heisst hier «nachhaltig»?
Nachhaltige Anlegerinnen und Anleger zielen darauf ab, bei ihren Investments eine negative Beeinflussung der Umwelt und der Gesellschaft zu minimieren. Vor diesem Hintergrund bieten auch wir beispielsweise mit «acrevis invest expert Nachhaltigkeit» eine Anlagelösung bereits ab 50’000 Franken an, die Kapital mittels spezieller Anlagefonds in umwelt- und sozialverträgliche Anlageklassen investiert und im Rahmen der ESG-Nachhaltigkeitskriterien (Environment, Social und Governance) bewirtschaftet.
Was heisst das konkret?
Wir berücksichtigen bei Investmententscheidungen soziale, ökologische und ethische Gesichtspunkte und strenge ESG-Filterkriterien. Diese werden von einer unabhängigen ESG-Ratingagentur bewertet.
Das befreit mich aber nicht vom Risiko eines Verlustes?
Nein. Das selbstbestimmte Risikoprofil mit den Elementen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft gehört zur Kapitalanlage wie die eigene Renditeerwartung. Dieses Spannungsfeld ist Teil einer sorgfältigen Risikoprofilierung eines jeden Anlegers, um schlussendlich die passende persönliche Anlagestrategie zu bestimmen.
Und wie beurteilen Sie Lendingplattformen, auf denen ich mein Geld beispielsweise als Kredit in Schweizer Firmen investieren kann?
Das sind spannende Modelle, die wir aufmerksam verfolgen. Wir werden in einigen Jahren sehen, welche Plattformen und Geschäftsmodelle sich langfristig etablieren. Im Moment handelt es sich eher noch um Nischen für Anlegerinnen und Anleger mit sehr spezifischen Anlagewünschen. Für mich bildet jedoch die ständig zur Verfügung stehende Handelsliquidität ein Kriterium, die bei vielen solcher Plattformen, wenn überhaupt, nur eingeschränkt zur Verfügung steht.
Wie stark bedrohen solche digitalen Lösungen von Fintech-Unternehmen das klassische Bankgeschäft?
Unbestritten: Der Bankensektor ist im Wandel, das Geschäft verlagert sich immer mehr vom traditionellen Schalter ins Internet respektive in neue Ökosysteme. Corona hat dies noch akzentuiert. Wir bei acrevis gestalten diesen Wandel aktiv mit und investieren in Technologien und zukunftsorientierte Beratungsformen. Fintechs besetzen oft Nischen und können da durchaus einen Wettbewerbsvorteil aufweisen. Trotzdem: Allein hierauf zu setzen, wäre in meinen Augen falsch.
Weil?
Im Sinne eines Omni-Channel-Ansatzes sehen wir digitale Angebote primär als optimale Ergänzung der persönlichen Beratung. Denn auch wenn heute vieles technisch machbar ist: Unsere Kundinnen und Kunden schätzen weiterhin den persönlichen Austausch und die langjährige Erfahrung unserer Expertinnen und Experten. Wir sind überzeugt, ihnen mit dieser Kombination aus individueller Beratung und digitalen Services einen Mehrwert bieten zu können.
Zur Person: Sandro Schibli ist Mitglied der acrevis Geschäftsleitung und leitet seit rund drei Jahren den Bereich Private Banking. Der eidg. und europ. dipl. Vermögensverwalter und Finanzanalytiker begann seine Banklaufbahn 1989 bei der Bank in Gossau. Die Beratung von Anlagekunden nimmt Schibli seither ohne Unterbruch wahr und fungierte zuletzt als Stellvertreter des Leiters Private Banking. Seine berufliche Ausbildung ergänzte er 2016 mit einem CAS in Digital Banking.